ForTeeNews – „Positive FAST NEWS, made by and for YOUTH”

Snackable Content: Joe Biden als “pal” von Kamala Harris – swipe – die USS Voyager (aus Star Trek) als mikroskopischster 3D-Druck der Welt – swipe – Sponge Bob als Netflix-Premiere (wegen der Kino-Schließungen). Tags darauf: Putin – swipe – Rudy Giulianis Pressekonferenz neben einem Sexshop – swipe – Schlangengift als Medikament – swipe – ein Martial Arts-Weltrekord – swipe – Hyperloop. Zwischendurch der neuerliche Chart-Erfolg eines früheren Miley Cyrus-Hits (Recycling im US-Wahlkampf) – swipe – Corona – swipe – die neue Xbox. „ForTeeNews“ macht keinen Hehl aus seiner bunten Mischung aus Politik und Popkultur. Das Nachrichtenangebot von Teenagern für Teenager im Alter von 13 bis 18 Jahren bedient die Instagramklaviatur mit quirliger Leichtigkeit und ist bemüht, die großen Nachrichtenthemen dieser Zeit knapp, aber konzise für ein jugendliches Publikum aufzubereiten.

Im Rahmen seines Trendreportings betreibt das VOCER Millennial Lab ein kontinuierliches weltweites Monitoring von innovativen Nachrichtenangeboten für junge Zielgruppen. Die Reihe Millennial Medium des Monats stellt Best Practice-Beispiele aus dem In- und Ausland vor. Diesmal: ForTeeNews.

„ForTeeNews“ ist das Projekt des 18-Jährigen Franzosen Pierre Caulliez. Im Krisen-Jahr 2020 begann er ein betriebswirtschaftliches Bachelorstudium an einer internationalen Business School am Standort London und sammelte nur wenige Montage nach Gründung seines Nachrichtenstartups 50.000 Euro beim Hamburger next media accelerator ein. Zu seinem internationalen Team gehört die rumänische Journalismusstudentin Adelina Lambreva als Content-Chefin und der Grafikdesigner Hans Kouagoué von der Elfenbeinküste, der für den farbenfrohen Editorial Rebrush des Kanals verantwortlich zeichnet. Darüber hinaus baute Caulliez innerhalb von zwei Monaten ein Netzwerk auf ca. 150 jugendlichen Content-Creators auf, indem er täglich Kommentare zu Videos postete, die ihm kompatibel zur eigenen redaktionellen Zielrichtung erschienen.

Regelmäßig werden Zuschriften, Hinweise und Newshighlights von jugendlichen Nutzer*innen per Direktnachricht eingesandt und als „subscriber‘s news“ aufgegriffen. Im Fokus stehen Reaktionen auf den Irrsinn so mancher weltpolitischen Entwicklung, aber immer auch konstruktive Perspektiven auf das Weltgeschehen: Da berichtet Simon aus Großbritannien begeistert über die Wahl der ersten Transgender-Senatorin in den USA, Tom aus Australien über die Entdeckung eines Korallenriffs so groß wie das Empire State Building oder Attar aus dem Libanon über eine Künstlerin, die aus Trümmerteilen der Explosion im Hafen Beiruts eine Statue aus Glas und Stein formte, um Zuversicht zu vermitteln. Das Teenager-Netzwerk soll auch dabei helfen, weltweit Mitstreiter*innen und nicht zuletzt zusätzliche Mittel einzuwerben, um das Konzept von ForTeeNews in unterschiedlichen Regionen und Sprachräumen zu verbreiten.

Name: ForTeeNews
Unternehmen: Forteen Limited
Sitz: Flat 113 Dryden Building, 37 Commercial Road, England, London, E1 1LF, Großbritannien
Website: forteenews.com
Gründung: April 2020
Gründer: Pierre Maurice Caulliez
Teamgröße: 3
Veröffentlichte Beiträge seit Start: ca. 230
Follower: Instagram >2.100

(Stand: September 2020)

Mit knapp mehr als 2.000 Abonnenten aus über 50 Ländern steht „ForTeeNews“ als englischsprachiges Angebot noch am Anfang eines Prozesses, die globale Generation Z in ihrer starken Heterogenität und unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten zu erreichen. Pierre Caulliez sieht in seinen Altersgenossen eine „internationale Generation“, für die Sprach- und Landesgrenzen keine bedeutenden Kategorien sind. Nichtsdestotrotz erkennt er in der Mediennutzung auch sprachliche Hürden und Vorlieben. Für die spanischsprechende Weltbevölkerung wird deshalb bereits ein eigenes Nachrichtengebot unter dem Namen „La Red Zeta“ entwickelt.

Pierre Caulliez

Die Ambitionen des gerade volljährig gewordenen Medienunternehmers sind von einer klaren Absage an die alte Nachrichtenwelt geprägt: Traditionelle Medien seien nicht imstande, die aktuelle Teenager-Kohorte zu erreichen, glaubt er, weil klassische Nachrichtenanbieter immer noch hauptsächlich auf die falschen Distributionswege und Darstellungsformen setzten und zu wenig Interaktion böten. Gleichzeitig glaubt Caulliez nicht daran, dass seine Generation nur Zerstreuung und Unterhaltung suche, im Gegenteil: Heranwachsende seien zukünftige Erwachsene, hätten Ambitionen und Interessen und bräuchten eine Anlaufstelle für glaubwürdige Nachrichten. Allerdings müsse sich diese möglichst nahtlos in ihr gewohntes Medienhandeln einfügen: In den meisten Regionen der Welt liegt Instagram in der Popularität der profilbasierten Social-Media-Plattformen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf dem vordersten Platz, insbesondere was die Informationsnutzung anbelangt.

Die täglichen Zusammenfassungen der für Teenager zusammengestellten Nachrichtenlage, geschrieben und redigiert von Adelina Lambreva, Journalismus-Erstsemesterin an der Universität von Lille, sollen mit bis zu 50 Worten und einer optimistischen Perspektive in nicht mehr als zehn Bild-/Text-Kacheln – auch beiläufig genutzt – zum Verstehen der Nachrichtenlage beitragen – „in a fun way“, so das Motto des Angebots. Schwarzmalerei passt hier nicht ins Bild, sondern vielmehr die Suche nach Auswegen, Mutmachendem und nach inspirierenden Lösungen. Gerade hat Caulliez eine Kooperationskampagne an weiterführenden Schulen in Frankreich gestartet, um Jugendliche zu animieren, sich regelmäßiger mit dem Nachrichtengeschehen auseinanderzusetzen und sich selbst mit Themenvorschlägen zu beteiligen.

Adelina Lambreva

Mindestens ebenso wichtig wie die richtige Prise Information ist aus Sicht von Pierre Caulliez die authentische Ansprache des jungen Publikums und kontinuierliche Interaktion. Wenn Teenager ihresgleichen mit Nachrichten versorgen, sind unterschiedliche Fallhöhen zwischen Medium und Publikum oder gar der Verdacht von Bevormundung kein Thema. Caulliez sieht traditionelle Medienangebote aber vor allem deshalb im Hintertreffen, weil sie die Social-Media-Prinzipien meist nur nachgelagert und nicht prioritär in ihre redaktionellen Prozesse einbinden. Dialog und direkte sowie schnelle Erreichbarkeit ist in der total vernetzten Kommunikationssphäre zum Goldstandard geworden und gilt – folgt man der Sicht des Startup-Gründers – erst recht für Nachrichtenanbieter: „Partizipation ist eine der essentiellen Punkte für „ForTeeNews“: Jede*r Abonennt*in kann ihre News aus ihrem Land beitragen. Jeden Tag veröffentlichen wir eine solche Meldung. Die Nutzer*innen brauchen mir nur eine DM schicken, die nicht länger als 50 Worte umfasst – und ein Bild, wenn sie wollen – mit ihrem Namen und ihrem Land. Nachdem wir die Quelle überprüft haben, veröffentlichen wir den Beitrag.“ Instant gratification für junge Leute, die ihre Stimme gehört wissen wollen.

Interaktion findet auch in täglichen Debatten statt, die am Tagesthema orientiert: Die Antworten der Kommentator*innen auf die tägliche Frage der Redaktion gibt es am folgenden Tag als separaten Slide – vielstimmig und unredigiert als Screenshot. „ForTeeNews“ setzt auf die jugendlichen Interessen und Weltwahrnehmung seiner Beiträger und beobachtet den täglichen Nachrichtenumschlag auf Google News mittels eines einfachen Tools, das den Aggregator übersichtlich nach festgelegten Stichworten durchforstet. Die Liste umfasst derzeit ca. 100 Keywords: von Disney und Games of Thrones über WWF und Jungle bis hin zu Jeff Bezos, Boris Johnson und Angela Merkel. „Die Liste ist das Ergebnis eines großen Brainstormings, bei dem wir zusammensaßen und unsere Umgebung genau beobachtet haben“, sagt Caulliez. Der Interessensfokus oszilliert zwischen Kinderzimmerkosmos und der weltpolitischen Bühne. Wie sehr ihm Politikvermittlung am Herzen liegt, zeigte der BWL-Student schon vor seiner Firmengründung bei einem Video-Wettbewerb eines Anbieters von Sprachtrainings: Pierre sprach in seinem Video über Gefahren der Datafizierung, Cyber-Mobbing und ökologische Risiken des hohen Stromverbrauchs der Internetnutzung und gewann eine Reise zu den Vereinten Nationen nach New York.

Erlöse sollen bei stärkerem Follower-Wachstum aus Werbekooperationen mit globalen Marken erwirtschaftet werden. Pierre Caulliez rechnet damit, dass zukünftig nur etwa fünf Prozent der Nutzer*innen auf einen nationalen Markt entfallen werden und damit die Diversität des internationalen Publikums seines Angebotes ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal bleiben wird. Das Investment des Hamburger next media accelerators um die Managing Partner Nico Lumma, Christoph Hüning und Meinolf Ellers fließt zu einem Viertel in die Inhalteproduktion, zu einem weiteren Viertel in die technische Ausstattung und zur Hälfte in Kommunikation und Marketing. Mittels der Zusammenarbeit mit Influencern und Werbeschaltungen auf einschlägigen Social-Media-Plattformen möchte Pierre Caulliez Teenager rund um den Globus für sein Nachrichtenangebot interessieren.

Besonders profitiere das Team aber von dem Austausch mit anderen Startups im „Batch“ Nummer 11 und darüber hinaus. Accelerator-Programme sollen für eine Beschleunigung der Geschäftsmodellentwicklung von jungen Unternehmen sorgen. In Kohorten durchlaufen Startups gemeinsam ein mehrstufiges Mentorenprogramm, das ihnen zugeschnittene, anwendungsorientierte Einschätzungen und Ratschläge von Experten vermittelt und das Ziel hat, die jeweiligen Angebote der Startups zu verbessern und ihr Marktpotenzial zu steigern. Das Coaching des Akzelerators habe ihm vor allem verdeutlicht, dass er seine Geschäftsstrategie systematisch nach und nach ausrollen sollte – ein Schritt nach dem anderen – „dabei war ich bislang nicht der Step-by-Step-Typ“, sagt Caulliez.

Ehrgeizig hat das junge Team bereits zahlreiche Verticals projektiert: neben klassischen Domänen wie „ForTeenMusic“, „ForTeenSport“ oder „ForTeenPimp“ (Beauty) auch querliegende Themen wie „ForTeenShow“, „ForTeenCars“ oder „ForTeenSpace“. Ein Ziel: durch Diversifizierung die Millionenmarke zu reißen. Dazu beitragen sollen auch weitere populäre Social-Media-Plattformen: Eigene Kanäle für Snapchat und TikTok sind in der Entwicklung und sollen im Laufe des Jahres 2021 starten, gefolgt von YouTube und Spotify. Auch eine eigene App ist geplant: Pierre Caulliez kann sich vorstellen, bei mehr als einer Million regelmäßiger Nutzer*innen für einen exklusiveren Zugang zum Angebot von „ForTeeNews“ 6,90 US-Dollar pro Monat zu veranschlagen. Wenn es nach den Projektionen des Gründers geht, könnte dies schon im September 2021 der Fall sein.

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